Rauchwart Marathon


Fischen ist gut fürs Marathonlaufen





Zugegeben: Ich war zunächst äußerst skeptisch, was den 1. Rauchwart-Marathon betraf. Denn eine Runden-Läuferin bin ich wahrlich nicht. Selbst Marathons, bei denen man den Halbmarathon- Kurs doppelt laufen muss, sind nicht unbedingt mein Fall. Und dann sollte ich in Rauchwart gleich 11-mal die 3,836 km-Runde um die beiden Seen laufen? „Nein, danke“, hätte ich fast gesagt. „Da sollen sich andere quälen, aber ich nicht.“ Zum Glück habe ich es dann doch nicht so direkt ausgesprochen und meine Meinung im letzten Moment geändert. Ich wäre nämlich schön blöd gewesen, hätte ich mir dieses äußerst nette Marathon-Wochenende im Burgenland entgehen lassen.

„Der 1. Rauchwart-Marathon und der einzige Marathon im Burgenland 2014“: Die Ankündigung klang zumindest verlockend. Und das Team rund um Jürgen Penthor, Otto Peischl und Peter Linsbauer steckte neben viel Zeit und Arbeit auch ihr Herzblut in die Organisation dieser Laufpremiere. Denn sie waren sich rasch einig: Der 1. Rauchwart-Marathon sollte nicht irgendeine schlampige Lauf-Veranstaltung werden, sondern gleich ordentlich organisiert werden. Wenn schon, denn schon. Als erfahrene Marathonis wussten die drei ja, was Läufer brauchen. Otto und Peter hatten zudem reichliche Erfahrungen mit der Organisation ihrer eigenen Laufveranstaltungen.

Und so informierte mich Jürgen seit dem Sommer laufend über die Pläne und die bereits geleistete Arbeit. Die Homepage nahm Gestalt an, die Strecke wurde vermessen, T-Shirts und Startnummern entworfen und nach und nach tröpfelten auch schon die ersten Anmeldungen ein. Schließlich war der Lauf auch als erste Meisterschaft unseres erst im März gegründeten „Club Supermarathon Austria“ gedacht. Ein gemeinsamer Lauf mit vielen Freunden also. Der soziale Druck für mich, doch in Rauchwart mitzulaufen, stieg und wurde letztendlich durch Dietmars Entscheidung erdrückend: „Das wird mein Geburtstagsmarathon“, sagte er. „Ich lade Dich ein“.

Gesagt, getan: Nachdem ich dann auch meinen Namen in der Starterliste fand, gab es kein Zurück mehr. Nach der nächtlichen Anreise bei strömenden Regen quer durch halb Österreich war aber meine Motivation um kein bisschen besser. Im Gegenteil: „Am liebsten hätte ich mich am Marathonmorgen gleich wieder ins Bett des Gasthofes Lang gelegt, so grau waren am Samstag die Wolken über Rauchwart. Den Organisatoren jedenfalls konnte der anhaltende Regen nicht die Laune verderben: „Was willst Du? Bestes Laufwetter“, begrüßte mich Jürgen und überreichte mir das Sackerl mit Startnummer und T-Shirt. „Will jemand noch einen Kaffee?“, fragte Otto, während er eifrig die Tische für die Rundenschreiber vorbereitete. Peter war mit dem Aufbau der Labe so beschäftigt, dass ich ihn fast nicht gesehen hätte. Wie auch die vielen übrigen freiwilligen Helfer, die die ganze Arbeit im Hintergrund erledigten, an die die Läufer erst gar nicht denken. Jürgens Vater etwa schraubte noch an einer Steckdose, seine Mutter war in der Küche hochaktiv.

Das fröhliche „Hallo“ der allmählich eintrudelnden Läufer wirkte dann doch ansteckend und so fand ich mich wenig später im Laufdress am Start wieder. „Bitte alle zuhören“, gab Jürgen um 11.00 Uhr noch die letzten Anweisungen, während die 52 Starter im Regen auf den Start warteten. „Ihr müsst nach jeder Runde mit Eurem persönlichen Rundenzähler Kontakt aufnehmen“, erklärte er das wohl Wichtigste dieses Marathons. Nach dem Startschuss von Bürgermeisterin Michaela Raber um 11.07 Uhr gings dann endlich los. „Diese sieben Minuten Verspätung dürfen wir uns beim nächsten Mal nicht mehr leisten“, kritisierte Peter zwar im Nachhinein. Doch den Läufern war es egal. Sie konzentrierten sich längst auf die Laufstrecke rund um die beiden Rauchwarter Seen. Und Konzentration war wirklich angesagt. Der Dauerregen der letzten Tage hatte den Schotterweg in ein Meer von Pfützen verwandelt, denen man geschickt ausweichen müsste, um nicht schon auf den ersten Kilometern patschnasse Füße zu bekommen.

Für mich wäre ein wenig mehr Konzentration durchaus von Vorteil gewesen. Nachdem ich bei Jürgens ausdrücklicher Warnung nicht zugehört hatte, aber unbedingt mit den vorderen Läufern mithalten wollte, lief ich viel zu rasch über die glitschige Holzbrücke. Wer nicht hören will, muss bekanntlich aber fühlen. Knie, Hüfte und Ellbogen fühlen noch Tage nach dem Marathon die Folgen meines nicht gerade eleganten Sturzes. Die Laufkollegen sind mir zum Glück sofort zu Hilfe gekommen. Nach dem ersten Schrecken konnte ich weiter laufen. Das Tempo nahm ich zur Vorsicht jedoch raus und beendete wie auf rohen Eiern meine erste Runde. Ich winkte meiner Rundenzählerin zu und stürzte mich auf die reichlich bestückte Labe: Hier gab es nämlich alles, was das Läuferherz begehrt. Und noch viel mehr: Neben Wasser, Iso, Cola und Tee fand ich Obst, Müsliriegel, Gels, Salzstangerl und ein leckeres Kuchenbuffett. „Nein, den Kuchen musst Du Dir erst verdienen“, zwang ich meinen Körper zum Weiterlaufen und machte mich auf die nächste Runde.

Allmählich ließ auch der Regen nach und ich begann die Strecke sogar zu genießen. Die zweiten 3,836 Kilometer vergingen wie im Flug und schon war ich wieder bei der Labe und meiner Rundenzählerin, die mich schon von weitem erkannte und meine Zwischenzeit notierte. Auch wenn ich es nie zugeben würde, das Rundenlaufen war äußerst kurzweilig und begann mir immer mehr Spaß zu machen. Mittlerweile überholte ich die ersten Laufkollegen, nachdem ich ein wenig mit ihnen getratscht hatte. „Das ist unfair, Damen überholt man nicht“, rief ich wiederum den schnelleren Männern zu, die mich überrundeten. An der Labe wusste der Helfer schon, was ich wollte und reichte es mir. Das Rundenlaufen kann also doch Vorteile haben. Das auffallend nette Publikum, das stundenlang in der Kälte wartete und jeden Läufer euphorisch anfeuerte, muss ich natürlich auch erwähnen.

Und so spulte ich eine Runde nach der anderen ab, bis ich auf den letzten Kilometern auf Jürgen traf. „Hier genau war es“, zeigte er mir ein Stelle am See und erklärte: „Hier ist der legendäre Ort, an dem ich mit Otto an einem Angelnachmittag mit ein paar Bier die Idee für diesen Marathon hatten“. „Gottseidank“, dachte ich mir bei meinem Zieleinlauf, „sind die beiden Fischer“. Denn der 1. Rauchwart-Marathon war ein echtes Erlebnis, an dem die wunderschöne Medaille mich noch lange erinnern wird.